Es war mein erster Besuch im Unperfekthaus Essen und damit beim Agile Ruhr Camp am 13. und 14. April, aber ganz sicher nicht mein letzter. Denn nach einer ausgiebigen Begrüßungsrunde in unvergleichlicher Willkommens-Atmosphäre begann gleich die erste Session mit genau dem Gedanken, der sinnbildlich für die gesamte Konferenz stand: „Agile ist genial, weil…“

Mit dieser Einleitung hatten alle Teilnehmer der Session drei Minuten Zeit, im freien assoziativen Schreiben ihre eigenen Gedanken und Eindrücke zu formulieren, ohne zu sehr darüber nachzudenken. Ein schöner Einstieg, denn mit Blick in die Gesichter der Anwesenden war eines deutlich: Die aufgeschriebenen Gedanken haben nur gespiegelt, dass alle am richtigen Ort waren und ihr fachliches Zuhause gefunden haben.

…das gemeinsame Verständnis für Ziele gestärkt wird.

communicode ist vom Agile Ruhr Camp und von der Agilität an sich überzeugt. Darum ist es uns als agil arbeitende Digitalagentur wichtig, mit unseren Kollegen gemeinsame Visionen und Ziele zu formulieren, auf die wir zusammen hinarbeiten können. Die Motivation einzelner Kollegen schafft einen kollektiven Workflow, der ein ganzes Projekt umso erfolgreicher machen kann.

Gerade in der Produkt- und Softwareentwicklung ist das Bewusstsein für das gemeinsame Ziel einzelner Segmente oder eines ganzen Projekts von entscheidender Bedeutung. Dadurch gelingt Transparenz, die ihrerseits Vertrauen innerhalb des Teams aufbaut und zu einer steigenden intrinsischen Motivation führt. Was eigentlich selbstverständlich sein sollte, hat sich auf dem Agile Ruhr Camp erneut bestätigt und als weit verbreitete Thematik herausgestellt.

…auch Führung dadurch besser wird.

Innerhalb verschiedener Sessions gelangten die Teilnehmer inhaltlich immer wieder an den Punkt, an dem Agilität scheitert, wenn sich ein Unternehmen in Micromanagement, zu viel disziplinarischer Führung und mangelndem Vertrauen verliert. Denn Agilität lebt von Offenheit, Commitment, Mut und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und die der Kollegen. Dies ist eine Thematik, die im Zuge des Agile Ruhr Camps auf unterschiedlichen Ebenen betrachtet und diskutiert wurde. Bei der Lösung des Problems waren sich alle Anwesenden einig: Mit einem gemeinsamen Verständnis für Ziele und vor allem Verständnis füreinander arbeitet es sich immer erfolgreicher, als wenn jede kleine Aufgabe von höchster Stelle kontrolliert wird.

…sie die Entwicklung von Kollegen und Teams vorantreibt.

Das Agile Ruhr Camp ist ein Open Space-Format, in dem alle Anwesenden dazu eingeladen sind, ihre Erfahrungen, Gedanken und ihr Wissen mit den anderen zu teilen, die Community in ihrem gemeinsamen Wachstum zu bereichern und dabei selbst bereichert zu werden. Von diesem Wissensaustausch lebt die Agilität. Hier steht der freigiebige Wissenstransfer an oberster Stelle. Durch Wissen zu wachsen, ist eine Haltung, die in der Agilität bis in die kleinsten Teams getragen wird. Ein Projekt kann nur dann erfolgreich und ein Team von Tag zu Tag besser sein, wenn die Weiterentwicklung der Kollegen nicht gebremst wird. Auch das ist eine dem Grunde nach bekannte Erkenntnis, die dank des Agile Ruhr Camps und den Sessions zum Thema allen noch einmal vor Augen geführt wurde.

…sie Konflikte im Team konstruktiv nutzt.

Wenn ich die Zusammenarbeit innerhalb meines Teams fördern und verbessern möchte, komme ich an offenen oder verdeckten Konflikten nicht vorbei. Das hat Alexander Kylburg von der paragraph eins GmbH in seiner Session eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Mit dem Toleranz-Poker, das er der Runde präsentierte, können Themen und Konflikte aufgedeckt werden, denen man ansonsten wahrscheinlich gar keine Aufmerksamkeit gewidmet hätte.

Dabei müssen es nicht immer gleich die großen Streitpunkte sein. Schon kleinere Themen können den Projektfortschritt und die Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit bremsen. Viel sinnvoller ist es – ob nun für Projektmanager, Scrum Master, Product Owner oder Entwickler – aus den Konflikten konstruktive Energie zu ziehen, sie im Sinne des Teamerfolgs auszutragen und ein größeres Verständnis für die Kollegen zu schaffen.

…sie funktioniert, wenn ich Verbesserungen sichtbar mache.

Am Sonntag brachte Berthold Barth es mit diesem Gedanken auf den Punkt. Denn in vielen Unternehmen wird Agilität als Modeerscheinung wahrgenommen, die auf das eigene Geschäftsmodell beziehungsweise das eigene Arbeitsmodell nicht anwendbar ist und daher nicht funktioniert. Grundsätzlich kann man sich aber bei einer entsprechenden Offenheit gegenüber der Thematik an verschiedenen Punkten orientieren und die Wirksamkeit von Agilität einfach mal beweisen. Schon an kleinen Stellschrauben registrierte Erfolge müssen als solche dokumentiert und präsentiert werden, damit man sie auch ihrer konkreten Ursache zuschreiben kann.

Ob und wann Agilität erfolgreich eingesetzt wird, ist unter anderem eine Frage der offenen Herangehensweise, von Vertrauen geprägter Führung und gemeinsam gelebter Werte. Der strahlende Leuchtturm als Positivbeispiel für das Unternehmen und passende Metapher in der Session blieb mir für meine Beweisführung im Team im Gedächtnis.

Fazit

Das Agile Ruhr Camp ist bunt, vielfältig und in jeder Hinsicht inspirierend. Das Unperfekthaus Essen hat durch seine kreative Gestaltung sicherlich einen Teil dazu beigetragen, ein passendes Mindset in die Sessions mitzubringen. Die Herzlichkeit, Offenheit und Bereitschaft aller Beteiligten, ihr Wissen zu teilen, haben in mir die tiefe Überzeugung geweckt, in meinem Wirken genau am richtigen Ort zu sein. Ich freue mich sehr, mehr über agile Teamentwicklung, New Leadership, erfolgreiche Sprint Reviews und weitere Themen gelernt zu haben.

Vor allem aber habe ich gelernt, dass auf dem Weg hin zu erfolgreich gelebter Agilität sich Unternehmen, Teams und Kollegen nur selbst im Weg stehen können. Werden die agilen Werte hingegen im Rahmen des Möglichen beherzigt, ist dies ein aktiver Beitrag zum Projekt- und Unternehmenserfolg.

Anm. d. Red.: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichte ich in diesem Artikel auf die Verwendung gendergerechter Formulierungen. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.