Der Begriff des Fulfillments umfasst das gesamte Spektrum an Leistungen und Prozessen, die ab dem Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses notwendig sind, um die darin enthaltenen Pflichten zu erfüllen. Im E-Commerce bietet das Fulfillment dem Onlineshop-Betreiber darüber hinaus jedoch die Möglichkeit, sich einerseits durch besondere Zusatzleistungen, andererseits durch starke Vernetzung seiner Kanäle abzuheben.
Über das Mittelmaß hinaus
Der Begriff des Fulfillments umfasst das gesamte Spektrum an Leistungen und Prozessen, die ab dem Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses notwendig sind, um die darin enthaltenen Pflichten zu erfüllen. Im E-Commerce bietet das Fulfillment dem Onlineshop-Betreiber darüber hinaus jedoch die Möglichkeit, sich einerseits durch besondere Zusatzleistungen, andererseits durch starke Vernetzung seiner Kanäle abzuheben.
Das befähigt ihn wiederum dazu, seinen Kunden ein bequemes, personalisiertes Einkaufserlebnis zu bieten und dadurch Kundenbindung und -loyalität zu schaffen. Den Kunden werden mittels konsistenter Datenbasis und detailliert geplanter Prozesse, sowie einer ausgereiften Infrastruktur, genau zum richtigen Zeitpunkt diejenigen Services bereitgestellt, auf die sie zurückgreifen möchten. Im besten Fall werden diese Fulfillment-Service-Optionen schon im Checkout-Prozess des Shops angeboten und bereits auf den Produktdetailseiten beworben.
Im Folgenden wird auf einige Teilbereiche des weiten Feldes des Fulfillments eingegangen. Mit welchen Szenarien ist zu rechnen? Ist Fulfillment bereits ausgereizt? Womit kann ich mich vom Wettbewerb abheben? Und was wünschen sich die Kunden überhaupt?
Vielfalt zahlt sich aus
Ein nicht zu vernachlässigender Bestandteil des Fulfillments, insbesondere wenn es um Neukundengewinnung geht, ist das Anbieten verschiedener Payment-Optionen. Im Kaufprozess ist es zudem die erste Fulfillment Komponente, mit welcher der Kunde konfrontiert wird. Um als Shopbetreiber evaluieren zu können, ob die eigenen Zahlungsmöglichkeiten ausreichend sind, sollte der Checkoutprozess mittels Webanalyse-Tools auf besonders hohe Absprungraten hin untersucht werden. Andernfalls riskiert man hohe Kaufabbrecherquoten.
Nach einer Studie des Bundesverbands E-Commerce und Versandhandel (bevh) sind vor allem Bezahlsysteme wie Paypal oder sofortüberweisung.de (zusammen 40%), der Kauf auf Rechnung (29%), Zahlung per Kreditkarte (10%) und die Zahlung per Lastschrift (9%) die gängigen und gewünschten Zahlungsverfahren[1]. Einzig der Kauf auf Raten stellt noch ein potenzielles Alleinstellungsmerkmal dar, geht jedoch mit hohem Administrationsaufwand und finanziellem Ausfallrisiko einher, weshalb sich das Einschalten eines Dienstleisters lohnt.
Trotz der Tatsache, dass sich bisher kein Verfahren fest etabliert hat, sollten auch mobile Bezahlsysteme berücksichtigt werden, insbesondere nach deren Einführung durch den Discounter ALDI Nord und der dadurch voraussichtlich steigenden Kundenakzeptanz. Entweder über QR Code-Scan oder NFC, können Kunden Bezahlvorgänge sowohl im Ladengeschäft, als auch im Online-Shop, via Smartphone erledigen. ## Nach dem Payment kommt der Versand
Dass Fulfillment-Zusatzleistungen in hohem Maße mit Kundenzufriedenheit und - bindung in Zusammenhang stehen, hat mehrere Jahre in Folge die Studie „Erfolgsfaktoren im E-Commerce – Deutschlands Top Online Shop“, mit stets hohen Werten für die von Kunden wahrgenommene Relevanz von Nachverfolgung, pünktlicher Lieferung, Wahlmöglichkeiten zwischen Versandoptionen etc., unter Beweis gestellt.
Insbesondere Kunden mit einer hohen Bestellfrequenz, sowie junge Kunden unter 35 Jahren, wünschen sich flexiblere Versandoptionen[2]. Vor allem die Lieferung in ein nahes Geschäft, in eine Filiale des Händlers und die Lieferung an eine Packstation liegen hoch im Kurs.
Unter allen Befragten wünschen sich darüber hinaus mehr als die Hälfte die Auswahlmöglichkeiten besonders schneller Versandarten wie Same-Day-Delivery (67%), die Zustellung am Sonntag (56%) oder sogar innerhalb einer Stunde nach der Bestellung (42%).
Dabei handelt es sich keineswegs um Standards, wie die Studie „Shop-Systeme, Warenwirtschaft und Versand“ zeigt. Aus dieser geht beispielsweise hervor, dass 50% der B2C Online-Versender nicht planen, die Bestimmung des Liefertermins anzubieten. 37% der Befragten beabsichtigen zukünftig nicht, Selbstabholung zu ermöglichen und 52% wollen keinen Expressversand lancieren[3]. Fulfillment im E-Commerce bietet folglich noch Ausbaupotenzial.
Abholen oder schicken lassen – Das Zünglein an der Waage
Die Kundenerwartung stellt, wie oben gezeigt, eine Triebfeder für Investitionen von Unternehmen in den Ausbau von Fulfillment-Optionen dar. Eine weitere ist der im Zusammenhang mit Payment-Lösungen bereits genannte Wettbewerb. Die direkte Vergleichbarkeit von Angeboten im E-Commerce ist für die Kunden ein großer Vorteil bei der Suche nach dem besten Angebot, setzt Anbieter aber unter enormen Preisdruck.
Fulfillment kann entscheidend sein, um diesem Druck entgegen zu treten, indem nämlich nach dem vorangegangenen Payment-Prozess besondere Liefer- oder Abholkonditionen geboten werden, die sich von denen des Wettbewerbs abheben. Gerade im Multi- und Omnichannel-Commerce sind verschiedene Vorgehensweisen denkbar. Folgende drei Beispiele stellen Szenarien dar, in denen Fulfillment den Ausschlag für einen Online-Kauf geben kann.
Fall 1 – Online kaufen – im Store abholen:
Ein Use Case kann in diesem Kontext sein, dass ein Kunde das von ihm gewünschte Produkt zu einem bestimmten Zeitpunkt benötigt (z.B. aufgrund einer bevorstehenden Reise). Denkbar wäre auch, dass es sich um ein hochpreisiges Gut handelt, das der Kunde nach langer Entscheidungsfindung möglichst schnell besitzen möchte. Preissensibilität rückt dabei in den Hintergrund.
Im Zweifel entscheidet er sich dann nicht für den günstigsten Online-Anbieter, sondern für denjenigen, der in der Lage ist, das Produkt in einer Filiale zur sofortigen Abholung bereit zu halten oder mittels Same Day Delivery von dort aus zu verschicken.
Fall 2 – Online kaufen – im Store zurückgeben:
Eine weitere Fulfillment-Strategie verfolgt den umgekehrten Warenfluss. Der Kunde hat einen Artikel online bestellt, möchte ihn aber in einem Ladengeschäft zurückgeben. Der reguläre Retouren-Versandprozess ist langwierig und funktioniert nicht immer perfekt. 68% der Online-Shopper in Deutschland sind insbesondere mit der Paketabgabe unzufrieden und wünschen sich Alternativen, wie die Abholung zu Hause (32%) oder die Rückgabe in einem Geschäft in der Nähe (21%)[4].
Im Laden zurückgegeben ist der Kaufpreis dagegen sofort rückerstattet, der Kunde kann Ersatz direkt mitnehmen oder sich von Fachpersonal zu Alternativen beraten lassen. Gerade für retourenintensive Branchen wie Fashion-Omnichannel-Stores ist es ein wichtiges Werkzeug für Kundenbindung, den barrierefreien Wechsel zwischen on- und offline Serviceleistungen anzubieten.
Fall 3 – Online gekauft – vorgeschlagene Abhol-Option:
Fulfillment sollte zukünftig auch folgende Konstellation in Betracht ziehen: Ein Kunde besucht die Filiale eines Omnichannel-Händlers, bei dem er am Tag zuvor einen Artikel im Online-Shop bestellt hat, der jedoch noch nicht verschickt wurde. Mittels NFC wird sein Store-Besuch registriert und mit ihm die ausstehende Lieferung. Ein Abgleich mit dem Store-Lagerbestand ergibt, dass der Artikel vorrätig ist. Daraufhin wird dem Kunden eine Benachrichtigung auf sein Smartphone geschickt, mit dem Hinweis, dass er das bestellte Produkt auch sofort mitnehmen kann, anstatt es sich nach Hause schicken zu lassen. Der Versandprozess wird entsprechend bei Abholung im Store gestoppt.
In abgewandelter Form wäre dieses Vorgehen auch für im Online-Shop angesehene oder in den Warenkorb gelegte Produkte denkbar. Diese werden dem Kunden, initiiert durch seinen Store-Besuch, als dort vorrätig, oder vielleicht sogar mit Rabatt als zusätzlichem Kaufanreiz, auf seinem Smartphone angezeigt.
In jedem der genannten Fälle ist die Basis ein schnelles und konsistentes Order-Management mit hoher Verfügbarkeit, das sowohl auf Lagerverwaltungssystem-Daten, als auch auf das CRM und die Lagerbestände in den einzelnen Ladengeschäften zugreifen kann. Gleichzeitig muss auch der Onlineshop die notwendigen Optionen abbilden können. Grundsätzlich gilt: Je weniger Systembrüche passieren, desto schneller können Informationen zum Fulfillment-Prozess an den Kunden weitergeleitet werden.
Unabhängig von der konkreten Ausgestaltung, sollte bei allen den Versand betreffenden Fulfillment-Angeboten immer beachtet werden, dass Kunden sehr sensibel auf Verzögerungen und Fehler reagieren. Jeder zweite Online-Shopper würde von einem erneuten Kauf absehen, sollte er einmal mit dem Versand unzufrieden gewesen sein. Doch damit nicht genug. Mehr als dreiviertel würden ihren Freunden von ihren negativen Erfahrungen berichten (negative word of mouth) und somit die Neukundengewinnung erschweren.
Der Fulfillment-Baustein Track und Trace kann mittels Versandbenachrichtigungen (bspw. via Push-Benachrichtigungen oder als SMS) für einen transparenteren Prozess und sichtbaren Versandfortschritt sorgen bzw. rechtzeitig auf Verzögerungen hinweisen. Gleichzeitig kann der Kunde die persönliche Annahme der Sendung besser koordinieren.
After-Sales Services
Nach erfolgreichem Payment und Versand/Abholung können mittels weiterer Fulfillment- Service-Leistungen, Kundenbindung und – zufriedenheit gestärkt werden.
Die Abfrage der Meinung des Kunden für Bewertungszwecke zeigt Interesse an der eigenen Serviceverbesserung. Etwaige Qualitätsmängel werden durch direktes Nachfragen bereitwilliger mitgeteilt und der Kunde fühlt sich wertgeschätzt. Zusätzlich bietet es die Möglichkeit, Komplementärgüter passend zum gekauften Artikel anzubieten (Cross Selling).
Das Versenden von Status-Emails nach eingegangenen Retouren führt ebenfalls zu einer gesteigerten Zufriedenheit, sieht der Kunde doch den Fortschritt im Prozess und dass sich um seine Belange gekümmert wird.
Gesetzt den Fall, dass es beim Versand zu Unannehmlichkeiten für den Kunden kam, zeigt eine individuell formulierte Entschuldigung und unbürokratische Kulanz (schneller Umtausch, einfache Retoure – evtl. im Ladengeschäft bei Online-Kauf, Preisnachlass bei erneuter Bestellung) Serviceorientiertheit und Verständnis für Kundenbedürfnisse zur Sicherung der Kundentreue.
Fazit
Fulfillment bietet vielfältige Möglichkeiten, Alleinstellungsmerkmale zu generieren und die Service-Qualität zu steigern, um für eine stabile Kundenbindung zu sorgen. Basis dafür ist der Ausbau der omnicommerce-typischen Vernetzung aller vorhandenen Kanäle und eine hohe Innovationsbereitschaft. Simultan kann Investition in Fulfillment auch Optimierungs-Potential für Lagerhaltung und Logistik bedeuten, um flexible Lieferprozesse zu ermöglichen.