Warum “Nichtstun” bisher eine Strategie war
Ein Grund, warum Unternehmen bisher nicht in die Cloud migriert sind, ist die Stabilität der bestehenden Systeme. Diese Stabilität wurde oft mit hohen Kosten, Integrationsaufwand und auch Schmerzen erkauft. Es bestand bisher kein unmittelbarer Druck für Unternehmen, diese - jetzt gut funktionierende - Architektur anzufassen, gemäß dem Motto “Never change a running system”. Die Mitarbeiter kennen die Prozesse und Systeme und haben ein hohes Maß an Vertrautheit im Umgang damit. Zudem ist die Sorge, in unbekanntem (Cloud) Terrain erneut hohe Aufwände durch individuelle Integrationen in eine komplexe IT-Architektur zu erzeugen und damit den Geschäftserfolg zu riskieren für viele Entscheider zu groß. Der fehlende Mehrwert, in die Cloud zu wechseln, hat letztendlich die Entscheidung oftmals einfach gemacht. Diese subjektiven und objektiven Gründe des Nichtstuns haben dabei ein fundamentales Kernproblem überdeckt: Die technischen Schulden basierend auf einem veralteten Technologie Stack wurden (und werden immer schneller) immer größer. Mittel- bis langfristig werden die Investitionen deutlich steigen, um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben. Ab einem gewissen Zeitpunkt wird dies gar nicht mehr möglich sein.
Wie IT-Entscheider nun vorgehen sollten
Strategieentwicklung und Planung
Die gute Nachricht zuerst: Es ist noch ausreichend Zeit, um aktiv eine passende Strategie für das Unternehmen zu entwickeln. Dazu gehört zuerst eine Bestandsaufnahme der Systeme sowie deren Migrations- und Integrationsmöglichkeiten. Folgende beispielhafte Fragen sollten dabei beantwortet werden:
- Welcher Technologie Stack soll führend für das Unternehmen sein? Best-of-Breed vs Best-of-Suite?
- Welche Systeme sind bereits in der Cloud? Wie sind diese in die IT-Architektur integriert?
- Welche Middleware muss ggf. ebenfalls migriert werden (Stichwort DataHub)?
- Welche Funktionen aus SAP Hybris sollen evtl. ausgegliedert werden und über externe Services/Applikationen bedient werden?
- Welche Integrationsvorteile bietet die die Migration in die SAP Commerce Cloud im Zusammenspiel mit anderen SAP CX Komponenten?
Es empfiehlt sich sehr, in dieser Phase zu prüfen, ob die oftmals historisch gewachsene Systemlandschaft wirklich noch allen aktuellen Marktanforderungen entspricht. Das PCM von SAP Hybris wurde für die Bereitstellung von Produktdaten und -bildern im eigenen Webshop entwickelt. In einem dynamischen Markt mit unterschiedlichen Verkaufskanälen sind andere Anforderungen an ein PIM bzw. DAM System zu erfüllen. Die gleiche Fragestellung gilt auch für Order Management, Suche, Personalisierung etc. Bei dieser Prozess- und Systemanalyse können wir durch unsere Erfahrungen und Best Practices sehr gut unterstützen und sicherstellen, dass alle Aspekte einer zukunftsfähigen Architektur berücksichtigt werden.
Big Bang vs. Transformativer Ansatz
Wer sich in oben beschriebenem Eingangsszenario wiederfindet, wird grundsätzlich die komplette Migration von SAP Commerce in die Cloud eher vermeiden wollen. Vielmehr wird er einen transformativen Ansatz wählen, in dem schrittweise einzelne “Komponenten” gleichsam aus dem on-premise Konstrukt herausgelöst und in eine zukunftsfähige Cloud-Lösung überführt werden. Die Auswahl und Priorisierung sollte dabei immer aus kaufmännischen Gesichtspunkten getroffen werden. Dies sind z. B.
- Wartungs- und Anpassungskosten für das WCMS-Modul → Wechsel zu einer Headless Lösung
- Lange Ladezeiten der PDP, da Preise und Bestände für Kunden in Echtzeit aktualisiert werden → Bereitstellen dieser Informationen über Microservices
- Der Aktualisierungsprozess von Produkt- und Bilddaten dauert sehr lange → Wechsel zu einer modernen Lösung wie einem Messaging System
Im Kern wird für einen Übergangszeitraum also eine hybride Architektur gewählt, welche Schritt für Schritt immer mehr geschäftskritische Prozesse aus dem on-premise System herauslöst und in moderne und modulare (Cloud-) Systeme überführt, ohne den Umsatz des Onlinegeschäfts zu gefährden.
Interne Ressourcen und Veränderungsmanagement
Neben anderen ist ein nicht zu unterschätzender Faktor bei einem solchen Projekt die Bereitschaft der eigenen Mitarbeiter. Ein Migrationsprojekt ist immer eine Herausforderung für Unternehmen und muss daher bestmöglich geführt werden. Eine offene Kommunikation ist ein essentieller Schritt, um Mitarbeiter für das Projekt zu gewinnen und Bedenken und Risiken frühzeitig adressieren zu können. Die Herausforderung für Führungskräfte liegt dabei darin, nicht nur Motivationsreden zu halten, sondern konkret die erwarteten Verbesserungen im Arbeitsalltag der Mitarbeiter hervorzuheben, die das Ergebnis der Migration mit sich bringt. Anhand der oben angegebenen Beispiele können das dann sein: Nur noch einmalige Pflege von Inhalten und sofortige Anzeige in allen Ausspielungskanälen Weniger Wartezeit durch sofortige Anzeige von geänderten Produkt- und Bilddaten in den Frontends
Berücksichtigung der Gesamtkosten
Jedes Projekt muss letzten Endes eine betriebswirtschaftliche Rechtfertigung haben und einen positiven ROI (Return on Investment) liefern. Gerade bei einem Migrationsprojekt fällt diese Kalkulation mitunter etwas schwerer, da die Kosten bzw. der Mehrwert für ein Unternehmen nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich werden. Vor diesem Hintergrund reicht es nicht aus, nur auf die (einmaligen) Migrationskosten zu achten. Es müssen ebenfalls Lizenzkosten, Betriebs- und Wartungskosten der alten Architektur berücksichtigt werden, die über den Zeitverlauf teurer werden, da das Vorhalten von Wissen der veralteten Technologie immer schwieriger wird. Die Kosten entgangener Umsätze, welche im Extremfall anfallen können, sind ebenso zu berücksichtigen wie die Kosten manueller Pflegeprozesse. Eventuell anfallende doppelte Lizenzkosten lassen sich im Hinblick auf solch eine Gesamtkostenanalyse rechtfertigen, wenn damit der mittel- bis langfristige Geschäftsbetrieb mit einer modernen Cloud Architektur gesichert ist. Auch hier können wir als externer Dienstleister durch unsere Erfahrungen und Best Practices dafür Sorge tragen, dass alle Faktoren in die Entscheidungsfindung mit einfließen.
Fazit
Das Ende des Supports für SAP Commerce ist ein Weckruf für Unternehmen, ihre E-Commerce Architektur zu überprüfen und strategische Entscheidungen zu treffen. Während "Nichtstun" bisher eine nachvollziehbare Option war, wird dies in Zukunft keine praktikable Lösung mehr sein. Unternehmen müssen die Herangehensweise einer schrittweisen Migration in die Cloud sorgfältig planen und rechtzeitig handeln, um wettbewerbsfähig zu bleiben und ihre Systeme zukunftssicher zu gestalten. Die Herausforderungen sind real, aber die Vorteile einer modernen, Cloud basierten Plattform wie SAP Commerce Cloud können langfristig die Investitionen rechtfertigen. Unternehmen sollten jetzt die Gelegenheit nutzen, ihre IT-Strategien zu überdenken und die besten Schritte für ihre zukünftigen Geschäftsanforderungen zu planen.